„Vendor Lock-was?“
Schon eine halbe Stunde läuft das Meeting. Der Solution Architekt präsentiert seine Ideen. Er zeigte bunte Kästchen und Pfeile.
Das Thema: die neue Multi-Cloud-Strategie.
Sein Argument: Mit Multi-Cloud könne man die Risiken des Vendor Lock-ins umgehen.
Dann kommt die Frage aus dem hinteren Teil des Raums. Die Frage, auf die alle gewartet haben – und die sich keiner zu stellen getraut hat: „Vendor Lock-was? Was soll das sein?“
Die Krux mit dem Vendor Lock-in
Die meisten Unternehmen setzen zur Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse auf Soft- und Hardwareprodukte (Komponenten) von Drittanbietern und sind damit äußerst erfolgreich.
Ein perfektes Beispiel dafür ist Ihre internen Entwicklerplattform – eine einmalige Kombination aus den verschiedensten fremdentwickelten Komponenten.
Dadurch entsteht eine Abhängigkeit zwischen Ihrer Entwicklerplattform und den Drittanbietern.
Stellen Sie sich als Beispiel folgende Situation vor: Ihr Cloud-Anbieter zieht die Preise kräftig an. Oder stellt einen wichtigen Service ein. Oder verlässt die Region. Oder hält sich nicht an gesetzliche Vorgaben. Oder oder oder. Was würde das für Ihre Entwicklerplattform bedeuten?
Wenn Sie bei diesem Gedankenexperiment nervös geworden sind oder Horrorvisionen vor der Zukunft bekommen haben, dann stecken Sie im Vendor Lock-in. Dann sind Sie vermutlich abhängig von dem Geschäftsgebaren Ihrer Drittanbieter.
Bereiten Sie sich deshalb frühzeitig auf solche Situationen vor, sodass sie den Vendor Lock-in adäquat als Risiko behandeln.
Wie sie das machen können?
Geben Sie mir 11 Minuten und ich zeige Ihnen einen bewährten Weg, mit dem Sie garantiert die vielen positiven Effekte der Komponenten von Drittanbietern für sich nutzen können und dabei das Vendor Lock-in Risiko vermeiden.
Die unsichtbare Gefahr – versteckte Vendor Lock-in-Diskussionen
In den Unternehmen meiner Kunden werden viele Diskussionen zum Vendor Lock-in geführt. Leider fällt mir dabei regelmäßig auf, dass die Diskussionen lediglich an der Oberfläche des eigentlichen Problems kratzen. Bekannte Vertreter sind
- die Multi-Cloud-Strategie,
- die OpenSource-Strategie,
- der Ruf nach offene Standards statt proprietäre Lösungen,
- …
Das sind alles wichtige Punkte, die für sich genommen meist einen wichtigen Vorteil bieten. Doch statt
- die Chancen und Risiken konkret zu benennen,
- die Strategie auszuwählen und
- die notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten,
um ohne Lock-In Effekt den maximalen Nutzen aus den Komponenten von Dritt-Anbietern zu ziehen, führen die Beteiligten oberflächliche Diskussionen über mögliche Lösungen – ohne gemeinsames Verständnis des Problem und der Anforderungen.
Das Ergebnis sind oft endlose Diskussionen mit verhärteten Fronten. Es gibt keinen gemeinsamen Nenner, auf den sich die Beteiligten einigen können.
Dadurch
- vergeuden sie wertvolle Zeit,
- gehen unnötige Risiken ein
- und verursachen hohe Kosten.
Sie erreichen also genau das, was sie eigentlich vermeiden wollen.
Damit Ihnen das nicht passiert, schauen wir uns genauer an, wie Sie diese Diskussionen mit einfachen Mitteln in die geeigneten Bahnen lenken können und damit das Risiko, den Zeiteinsatz und die Kosten zu minimieren können.
Mit drei einfachen Schritten schaffen Sie es spielend leicht, das Vendor Lock-In Risiko massiv zu senken.
Schritt 1 – Chancen und Risiko identifizieren
Die zentrale Frage lautet hier: Welche Risiken gehen Sie mit der Abhängigkeit zum Drittanbieter ein? Welche Chancen ergeben sich dadurch?
Zusammenarbeit und Kooperation über Abteilungs-, Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg hat sich seit jeher als der zentrale Erfolgsfaktor für Unternehmen erwiesen. Deshalb ist die Abhängigkeit zu einem Drittanbieter erst einmal nichts Schlechtes.
Solange beide Partner fair miteinander umgehen und wirtschaftlich gesund sind, wachsen beide Unternehmen an dieser Kooperation. Sobald allerdings ein Partner den anderen übervorteilt oder in Schieflage gerät, wird die fruchtbare Partnerschaft plötzlich zu einem Albtraum.
Diesen Albtraum vermeiden Sie, wenn Sie stehts beide Seiten im Blick haben – die Chancen und die Risiken – und diese gegeneinander abwägen.
Die Chancen sind eindeutig: Sie nutzen bewährte Komponenten von echten Spezialisten, statt diese selbst zu entwickeln. Das spart Ihnen Kosten, reduziert das Risiko der Eigenentwicklung und eröffnet Ihnen ungeahnte Möglichkeiten.
Dagegen stehen die diverse Risiken, zum Beispiel:
- Ihr Drittanbieter zieht die Preise an. Dadurch kann der Einsatz schnell unrentabel werden.
- Ihr Drittanbieter geht insolvent oder wird aufgekauft. Dadurch ändern sich auf einen Schlag die Spielregeln.
- Ihr Drittanbieter stellt den Support für die Komponente ein. Damit sind sie auf sich allein gestellt.
Sitzen Sie im Vendor Lock-in fest, dann werden Sie diese bittere Pille schlucken und mitziehen.
Diese bittere Pille vermeiden Sie, indem Sie ich mit Schritt 2 darauf vorbereiteen. Damit behalten Sie das Heft des Handelns in der Hand.
Schritt 2 – Strategie wählen: Mit drei bewährten Strategien den Risiken des Vendor Lock-in begegnen
Meinen Kunden empfehle ich immer eine der drei folgenden Strategien, um dem Lock-In Risiko zu begebnen:
Die Exit-Strategie
Mit der Exit-Strategie setzen Sie bewusst voll auf eine bestimmte Komponente eines Drittanbieters. Diese Strategie beinhaltet, dass sie auch die Komponentenspezifischen Spezialfähigkeiten einsetzen.
Das hat zur Folge, dass Sie die volle Stärke nutzen, statt sich künstlich zu beschränken. Sie gehen also voll ins Risiko und holen das meiste raus.
Damit Sie mit dieser Strategie keinen Schiffbruch erleiden, haben Sie stets einen aktuellen und getesteten Fluchtplan. Wenn eines der Risiken des Vendor Lock-ins eintritt, sind sie gut vorbereitet und wissen genau, was sie tun müssen, um die Komponente durch eine ähnliche zu ersetzen. Inklusive aller dann notwendigen Umbaumaßnahmen.
Diese Strategie ist am effizientesten, weil sie den höchten Wirkungsfaktor hat. Sie ist allerdings davon abhängig, dass der Fluchtplan aktuell gehalten wird und funktioniert.
Die Multi-Strategie
Mit der Multi-Strategie setzen Sie von Anfang an und konsequent auf mehrere Anbieter. Damit diese Strategie aufgeht, verwenden Sie ausschließlich die Teile der Komponenten, die von mehreren Anbietern unterstützt werden.
Diese Strategie ist die beliebteste, allerdings auch mit Abstand am schwersten durchsetzbar. Nehmen wir das Beispiel Cloud-Anbieter. Eine gängige Strategie deutscher Unternehmen ist die Nutzung der AWS von Amazon und der Azure Cloud von Microsoft. Die Angebote sind in großen Teilen ähnlich, beide sind weit verbreitet und haben sich bewährt.
Allerdings bieten sie jeweils immer wieder Features an, die zu dem Zeitpunkt der andere Anbieter nicht hat. Werden diese im Unternehmen wissentlich oder unwissentlich an kritischen Stellen eingesetzt, torpediert das die gesamte Strategie. Dann sitzen Sie dennoch im Vendor Lock-in fest.
Die Multi-Strategie funktioniert dann besonders gut, wenn sie stets darauf achten, dass sie alles innerhalb kurzer Zeit zum anderen Anbieter migrieren können. Jede Ausnahme, die Sie bei der Nutzung der Multi-Strategie machen, müssen Sie im Zweifelsfall teuer bezahlen.
Die Offene-Standards-Strategie
Diese Strategie eignet sich besonders dann, wenn offene Standards existieren und mindestens genauso gängig sind wie ihre proprietären Pendants. In den Fällen ist es eine gute Idee, diese Standards zu bevorzugen, um den Lock-In Effekt deutlich zu reduzieren.
Auch der Einsatz von OpenSource Software kann eine Lösung sein, muss aber im Detail geplant werden. Sowohl der mangelnde Support als auch die Abhängigkeit von der Motivation einzelner Maintainer haben oft für ein böses Erwachen gesorgt.
Diese Strategie ist sehr komplex umzusetzen und nur für Experten auf dem jeweiligen Gebiet zu empfehlen. Wenn Sie aber gut aufgestellt sind, sich an der OpenSource-Entwicklung beteiligen und die offenen Standards jederzeit im Blick haben, dann sparen Sie mit dieser Strategie viel Geld.
Schritt 3 – Geeignete Maßnahmen ableiten und priorisieren
Sobald Sie die Chancen und Risiken identifiziert und die passende Strategie festgelegt haben, sind Sie nun bereit, konkrete Maßnahmen abzuleiten. Die zentrale Frage lautet: Was müssen Sie konkret tun, damit am Ende Ihr gewünschtes Ergebnis herauskommt?
Maßnahmen können in unterschiedliche Richtungen gehen:
- Maßnahmen zur Mitigation der identifizierten Risiken
- Experimente um die maximale Wirkung der Lösung zu erzielen
- Maßnahmen um Schwächen der Lösung auszugleichen
An dieser Stelle gilt: Viel hilft viel. Identifizieren Sie so viele Maßnahmen wie möglich. Egal wie seltsam die Ideen sind.
Jede übersehene Maßnahme birgt das Risiko, dass Ihre Argumentation löchrig wirkt und, viel schlimmer, dass Ihr Plan nicht aufgeht und Sie sich im Vendor Lock-in wiederfinden.
Erst wenn Sie sich sicher sind, dass Sie alle nötigen Maßnahmen erkannt und im Blick haben, dampfen Sie diese ein und priorisieren Sie sie. Damit haben Sie einen Plan:
- Sie haben einen Plan: Sie können die Maßnahmen kommunizieren und klar machen, welche als erstes angegangen werden müssen (und warum).
- Sie sind Vorbereitet: Sie haben bereits eine priorisierte Liste an Dingen, die getan werden müssen – Backlog Items, die Sie dann mit Ihrem Team einplanen und umsetzen können.
- Sie können schnell auf Veränderungen reagieren: Mit der Gesamtübersicht auf alle notwendigen Maßnahmen können Sie je nach Situation umpriorisieren und reagieren schnell und souverän auf veränderte Rahmenbedingungen.
Und dann? Kommunizieren und Entscheidung herbeiführen
Sie haben saubere Arbeit geleistet und alles Wichtige für die endgültige Entscheidung vorbereitet. Jetzt ist es an der Zeit, diese Entscheidung herbeizuführen. Dafür dürfen Sie nun die Entscheidungsträger von Ihrem Ergebnis überzeugen.
Deshalb gehen wir noch einen weiteren Schritt: Mithilfe der gesammelten Informationen, Chancen und Risiken, der gewählten Strategie und der Maßnahmen bauen Sie nun Ihre Kommunikation auf.
Das klingt komplizierter als es ist. Sie machen das bestimmt bereits intuitiv in ihrer täglichen Arbeit. Nur selten sauber strukturiert und geplant. Deshalb ist die zielgruppengerechte Kommunikation ein echter Booster für Ihre anstehende Entscheidung.
Stellen Sie sich vor, sie haben
- alle Entscheidungsträger dort abgeholt, wo sie gedanklich stehen,
- ihnen Ihren Plan aufgezeigt,
- über alle Chancen und Risiken aufgeklärt
- und gezeigt, welche Maßnahmen sie ergreifen werden.
Glauben Sie, dass die Entscheidung dann vom Zufall oder den Meinungen einzelner bestimmt wird?
Das ist die Macht der zielgruppengerechten Kommunikation. Nutzen Sie sie!
Fazit: Vendor Lock-in ist ein Risiko – aber mehr noch ein Kommunikationsproblem
Fred Brooks fast es mit fünf Worten perfekt zusammen: „There is no Silver Bullet“.
Egal ob Sie sich für oder gegen die Abhängigkeit zu einem Drittanbieter entscheiden: Sie gehen immer Risiken ein. Entscheidend ist Ihr Umgang mit den Risiken und eine Abwägung Ihrer Möglichkeiten, die sich daraus ergeben.
Jedes Risiko lässt sich mit gut gewählten und eingängigen Argumentationsketten vermitteln. Damit machen Sie es den Entscheidungsträgern nicht nur einfach, Ihren Argumenten zu folgen – sie liefern auch gleich den Plan, mit dem Sie alle Entscheidungsträger ins Boot zu holen und auf Ihr gemeinsames Ziel einschwören.
Sie stehen vor der Entscheidung zum Umgang mit einem Vendor Lock-In und wollen dies nicht allein tun?
Dann unterstütze ich Sie gerne dabei.
- Wir sammeln und strukturieren Ihre Entscheidungskriterien.
- Wir identifizieren Ihre Chancen und Risiken sowie mögliche Einwände der Entscheider.
- Sie entscheiden sich auf Basis der Kriterien und Risiken für eine der drei Strategien.
- Wir leiten die geeigneten Maßnahmen in die Wege.
- Wir erstellen die passende Storyline, mit der Sie die Entscheider ins Boot holen.
Damit führen Sie eine fundierte und qualifizierte Entscheidung herbei – ganz ohne quälend lange Diskussionsrunden.